In der Hocharktis macht sich die Erderwärmung deutlich stärker bemerkbar als in anderen Weltgegenden. Rechneten Klimamodelle ursprünglich damit, dass die Nordpolregion um 2040 erstmals im Spätsommer eisfrei sein dürfte, so gibt es nun auch Prognosen, dass dieser Fall bereits etwa zehn Jahre früher eintreten könnte.

Die Entwicklung wird von global tätigen Corporations, die im Bereich Energie und Transport tätig sind, aufmerksam beobachtet. Denn schmelzendes Eis bedeutet nicht nur Zugang zu neuen Gebieten und ihren natürlichen Ressourcen, sondern auch die Öffnung neuer Transportrouten. Die nördliche Polregion ist deshalb interessant, weil über sie die mit Abstand kürzesten Wege zwischen Nordpazifik und Nordatlantik führen. Sie hat damit das Potenzial, den exportorientierten ostasiatischen Industriegiganten aus Japan effizienter mit den nachfragestarken Absatzmärkten Europas und der amerikanischen Ostküste zu verbinden. Allein die Boston-Atlanta Metropolitan Axis (BAMA) oder auch Sprawl genannt, besitzt mit ihren 80 Millionen Einwohnern ein gigantisches Volumen.
Das enorme Potential der Nordostpassage, die ebenfalls mit Ausgangspunkt Beringstrasse an der arktischen Küste Sowjet-Russlands entlang verläuft und beim Nordkap in die Norwegische See mündet. Für das in dieser Region dominierende Kombinat ist die Erschliessung der Route bedeutsam mit Blick auf den Absatz von Erdöl und Erdgas aus der arktischen Region und ein wichtiger Mosaikstein in der expansiven weltweiten Handelsstrategie.

Die nordische Förderation hat bereits vorausschauend die Initiative ergriffen: Zusammen mit der nordamerikanischen Petrochem wird im menschenleeren Nordosten Islands der Bau eines Tiefwasserhafens geplant, der zu einem wichtigen Infrastruktur-Stützpunkt zukünftiger Handelsschifffahrt in der Nordpolregion werden könnte.
Je rascher das Eis in der Region abschmilzt, desto mehr werden Rivalitäten Fahrt aufnehmen. Denn es geht nicht nur um potenziell attraktive Navigationsrouten, sondern auch um natürliche Ressourcen, von Erdöl und Erdgas bis zu Fischreichtümern, und nicht zuletzt um militärische Kontrolle. Der Wettlauf um die Hocharktis hat gerade erst richtig begonnen.